Was will die Ausstellung „Entartete Kunst“ [1]?

 

Sie will am Beginn eines neuen Zeitalters für das Deutsche Volk anhand von Originaldokumenten allgemeinen Einblick geben in das grauenhafte Schlußkapitel des Kulturzerfalles[2] der letzten Jahrzehnte vor der großen Wende.

 

Sie will, indem sie das Volk mit seinem gefunden Urteil aufruft,[3] dem Geschwätz[4] und Phrasendrusch[5] jener Literaten- und Zunft[6]-Cliquen ein Ende bereiten, die manchmal auch heute noch gerne bestreiten möchten, daß wir eine Kunstentartung gehabt haben.

 

Sie will klar machen, daß diese Entartung der Kunst mehr war als etwa nur das flüchtige[7] Vorüberrauschen von ein paar Narrheiten, Torheiten und allzu kühnen[8] Experimenten, die sich auch ohne die nationalsozialistische Revolution totgelaufen hätten.

 

Sie will zeigen, daß es sich hier auch nicht um einen „notwendigen Gärungsprozeߔ[9] handelte, sondern um einen planmäßigen Anschlag[10] auf das Wesen und den Fortbestand[11] der Kunst überhaupt.

 

Sie will die gemeinsame Wurzel der politischen Anarchie und der kulturellen  Anarchie aufzeigen, die Kunstentartung als Kunstbolschewismus im ganzen Sinn des Wortes entlarven.[12]

 

Sie will die weltanschaulichen,[13] politischen, rassischen und moralischen Ziele und Absichten[14] klarlegen, welche von den treibenden Kräften der Zersetzung[15] verfolgt[16] wurden.

 

Sie will auch zeigen, in welchem Ausmaß[17] diese Entartungserscheinungen von den bewußt treibenden Kräften übergriffen auf mehr oder weniger unbefangene[18] Nachbeter, die trotz einer früher schon und manchmal später wieder bewiesenen[19] formalen Begabung gewissen-, charakter- oder instinktlos genug waren, den allgemeinen Juden- und Bolschweistenrummel[20] mitzumachen.

 

Sie will gerade damit aber auch zeigen, wie gefährlich eine von ein paar jüdischen und politisch eindeutig bolschweistischen Wortführern gelenkte Entwicklung war, wenn sie auch solche Menschen kulturpolitisch in den Dienst der bolschewistischen Anarchiepläne stellen konnte, die ein parteipolitisches Bekenntnis zum Bolschewismus vielleicht weit von sich gewiesen[21] hätten.

 

Sie will damit aber erst recht beweisen, daß heute keiner der an dieser Kunstentartung damals irgendwie beteiligten Männer kommen und nur von „harmlosen Jugendeseleien”[22] sprechen darf.

 

Aus allem ergibt sich schließlich auch, was die Ausstellung „Entartete Kunst“ nicht will:

Sie will nicht die Behauptung[23] ausstellen, daß alle Namen, die unter den ausgestellten Machwerken[24] als Signum[25] prangen,[26] auch in den Mitgliederlisten der kommunistischen Partei verzeichnet waren. Diese nicht aufgestellte Behauptung braucht also auch nicht widerlegt[27] zu werden.

           

Sie will nicht bestreiten, daß der eine oder andere der hier Vertretenen manchmal—früher oder später—„auch anders gekonnt” hat. Ebensowenig aber durfte diese Ausstellung die Tatsache verschweigen, daß solche Männer in den Jahren des bolschewistisch-jüdishen Generalangriffs auf die deutsche Kunst in der Front der Zersetztung standen.

 

Sie will nicht verhindern,[28] daß diejenigen Deutschblütigen unter den Ausgestellten, welche ihren jüdischen Freunden von ehedem nicht in das Ausland gefolgt sind, nun ehrlich ringen[29] und kämpfen um eine Grundlage für ein neues, gefundes Schaffen. Sie will und muß aber verhindern, daß solche Männer von den Zirkeln und Cliquen einer so düsteren[30] Vergangenheit dem neuen Staat und seinem zukunftsstarken Volk gar heute schon wieder als „berufenen Bannerträger einer Kunst des Dritten Reiches” aufgeschwatzt[31] werden.

 



[1] “Entartete Kunst” = “Degenerate Art.” Der folgende Text wurde als Leitspruch zur Ausstellung „Entartete Kunst“ im Ausstellungsführer  derselben veröffentlicht. „Die Ausstellung ‚Entartete Kunst’ wurde am 19. Juli 1937 in München eröffnet und zeigte 650 konfiszierte Kunstwerke aus 32 deutschen Museen. Bis April 1941 wanderte sie in zwölf weitere Städte. Sie zog über 3 Millionen Besucher an. Die Ausstellung wurde von Joseph Goebbels initiiert und von Adolf Ziegler (1892-1959), dem Präsidenten der Reichskammer der bildenden Künste, geleitet. Gleichzeitig setzte mit der Beschlagnahme von insgesamt rund 16.000 modernen Kunstwerken, die zum Teil ins Ausland verkauft oder zerstört wurden, die "Säuberung" der deutschen Kunstsammlungen ein. Berufsverbote für Künstler und Museumsleute, die moderne Kunst angekauft hatten, oder Hochschullehrer gab es bereits unmittelbar nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten seit 1933.” (http://www.dhm.de/lemo/html/nazi/kunst/entartet/)

[2] der Zerfall: collapse, decay, disintegration

[3] aufrufen: to invoke, call up, call upon

[4] das Geschwätz: chatter, blabber

[5] Phrasen dreschen (fig.): to rant

[6] die Zuft, Zünfte: guild

[7] flüchtig: cursory, fleeting

[8] kühn: audacious, bold

[9] die Gärung: agitation, disquiet

[10] der Anschlag, Anschläge: attack, assault

[11] der Fortbestand: continuity

[12] entlarven: to debunk, unmask, expose

[13] die Weltanschauung, -en: philosophy of life, world view

[14] die Absicht, -en: intent, goal

[15] die Zersetzung, -en: disintegration, corrosion, corruption

[16] verfolgen: pursue, chase, persecute

[17]der Ausmaß: extent, degree, measure, scale

[18] unbefangen (adj.):  naïve, unselfconscious

[19] bewiesen: established, demonstrated

[20] der Rummel: hype

[21] von sich weisen: to disclaim

[22] die Eselei, -en: folly

[23] die Behauptung, -en: assertion, statement

[24] das Machwerk, -en: botch, bad work

[25] das Signum: sign

[26] prangen: to flaunt

[27] widerlegen: refute, dispute

[28] verhindern: to prevent, impete, inhibit

[29] ringen um etw.: to compete for, to struggle for smthg.

[30] düster: bleak, dreary

[31] jdm. aufschwatzen: to convince someone, to talk someone into doing something